Bei Stoffwechselkrankheiten denken die meisten sofort an den Diabetes, die Gicht oder seltene Erkrankung wie der Morbus Fabry. Dabei ist die häufigste Stoffwechselerkrankung der Bevölkerung die Fettstoffwechselstörung und damit ist sie vermutlich auch die tödlichste.

Gab es in der Diabetologie lange Zeit nur Insulin und Sulfonylharnstoff, so war man in der Lipidbiologie auf die Statine angewiesen. In der Diabetologie gibt es nun eine Vielzahl von neuen Medikamenten, die nicht nur den Blutzucker senken, sondern auch andere kardiovaskulär protektiven Effekte mit sich bringen. In der Lipidologie ist eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen. Es sind weitere Substanzen hinzugekommen und der Lipidologe steht vor der Wahl, welches Präparat er in welcher Stärke und welcher Kombination für den Patienten befürwortet.

Bei den PCSK9 Inhibitoren hat der GBA hohe Verordnungshürden aufgestellt, die ihren Einsatz erschweren. Anders ist dies bei der neu zugelassenen Bempedoinsäure. Bempedoinsäure ist ein Inhibitor der Adenosintriphosphat-Citrat-Lyase (ACL), der das Lipoprotein geringer Dichte (Low Density Lipoprotein, LDL-C) senkt, indem die Cholesterinsynthese in der Leber gehemmt wird. ACL ist ein der 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym A (HMG-CoA)-Reduktase vorgelagertes Enzym im Cholesterin-Biosyntheseweg.

Das Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Bempedoinsäure des GBAs sieht keinen Zusatznutzen, da große Endpunktstudien bisher fehlen. In der Beschlussfassung vom 15.04.2021 gibt es jedoch folgende Empfehlungen:

Bempedoinsäure (Nilemdo®) wird angewendet bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygot familiär und nicht-familiär) oder gemischter Dyslipidämie, adjuvant zu einer Diät:

– in Kombination mit einem Statin oder einem Statin zusammen mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten, die LDL-C-Ziele mit der maximal verträglichen Statin-Dosis nicht erreichen.

– als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten, die eine Statin-Intoleranz aufweisen oder bei denen ein Statin kontraindiziert ist.

 

Damit bringt Bempedoinsäure viele Patienten näher an bzw. unter die Zielwerte von 70mg/dl bzw. 50 mg/dl LDL-Cholesterin. Die Lipidologie entwickelt sich damit weiter zu einem eigenständigen Fach mit individualisierten Therapieansätzen.